Sagen und Legenden



"Roter Hahn"


Arenberg genannt „Roter Hahn“, als Festschrift zur Einweihung des Erweiterungsbaues der kath. Volksschule Arenberg, Augst 1965, Seite 19-20

 

Heinrich Reuss

Sage vom „Roten Hahn“

 

"Jan, stei uff, mer komme noh Kowwelenz!" Klaas, der Fuhrmann des ersten Wagens eines Kaufmannszuges, weckt mit diesem Ruf seinen Kameraden Jan, der unter der Plane den verdienten Schlaf nachholt; hat er doch von den frühen Morgenstunden an bis gegen Mittag die Pferde gelenkt. Eben sind sie auf der Lützelkoblenzer Seite an der alten Moselbrücke angelangt. Hier gibt es einen kleinen Aufenthalt, denn der übliche Brückenzoll muss entrichtet werden. 

 Dann geht es mit viel Gepolter über den dicken Bohlenbelag der Brückenfahrbahn in die holperigen Gassen von Koblenz hinein. Die "Firming" hinunter gelangen sie zur Anlegestelle der Gierponte, im Volksmund die "fliegende Brücke" genannt, welche den Verkehr von einem Rheinufer zum anderen vermittelt. 

"Nun ist es nicht mehr weit bis zur Bleibe über den anderen (Aren-) Berg", denkt Klaas. 

 Doch nicht geheuer ist die Strecke am Ehrenbreitstein vorbei. Schwarz, unheimlich fallen die Schieferschroffen zur engen Talstraße. Da rauschen die eilenden Wasser des Mühlenbaches von der Höhe. Die niedrigen Sträucher an den Hängen bieten Wegelagerern ein gutes Versteck. Wie oft sind hier Kaufmannszüge überfallen und ausgeraubt worden. Klaas und Jan 'wissen ein Lied davon zu singen. Sie kennen diese Strecke gut. Schon manches Mal sind sie für ihren Herrn aus Aachen von der Kölner zur Frankfurter Messe gefahren. Auch heute haben sie wertvolle Güter geladen: feine Tuche aus Flandern, geschliffene Gläser aus Köln, handgearbeitete Waffen aus dem Bergischen Land. Da heißt es besonders wachsam sein! 

 Diesmal scheint es gut zu gehen. Die Hälfte des Aufstiegs durch die "Kniebrech" haben sie bereits hinter sich. Den losen Steinen, dem Geröll und dem Kies, vom herab schießenden Wasser aus der Höhe hier angelandet, ist nur das stärkste Wagenrad gewachsen. Und den steilen Aufstieg packen auch nur so kräftige Pferde, wie die zwei stämmigen Braunen, die Klaas angespannt hat. 

 Mit viel Hüh und Hott ist die Höhe erreicht. Die untergehende Sonne vergoldet mit ihren letzten Strahlen das friedliche Bild, das sich den Augen der Fuhrleute bietet, ehe sie hinter den Eifelbergen verschwindet. In die anbrechende Dämmerung hinein klingt silbern das Glöckchen der Kapelle hoch oben am Waldesrand. Klaas hat noch jedes mal seinen Schutzpatron hier aufgesucht und um sicheres Geleit gebeten. Auch diesmal verspricht er St. Nikolaus eine dicke Wachskerze. Den breitkrempigen Hut gelüftet, verharren beide einen Augenblick in andächtigem Gebet. Wenn nur die kommende Nacht schon glücklich vorüber wäre! 

Die Dunkelheit ist bereits hereingebrochen, als die Pferde den Wagen mit der teueren Last in den Schuppen des Wirtshauses in Arenberg ziehen. Bald sind sie abgeschirrt, stehen im Stall und fressen vergnügt das Futter aus der Raufe. 

 Jan und Klaas haben ihre Suppenkumpen geleert und sind auf das Notlager des eigenen Wagens geschlüpft. "Sicher ist sicher", denken sie, denn sie haben wohl die verdächtigen Gestalten bemerkt, die sich den ganzen Abend herumgetrieben haben. Klaas schläft bald im Vertrauen auf den Schutz seines Namenspatrons ein. Jan aber hält sich wach. Er wird die innere Unruhe nicht los, die er schon den ganzen Tag spürte. 

Mitternacht ist bereits vorüber! überall herrscht die gewohnte Stille. 

 Sollte er sich doch geirrt haben? Müde fallen ihm die Augen zu, aber das Ohr horcht gespannt weiter. Da hört er ein leises Schlürfen, das sich über das Hofpflaster nähert. Im Nu ist Jan hellwach. Fest umklammert seine Rechte die bereitgelegte Peitsche. Eine Weile bleibt es still. Jetzt hebt sich langsam die Plane hinter dem Kutschersitz. Ein Oberkörper schiebt sich nach. Da saust der Peitschenstiel über einen kahlen Schädel. Ein Aufschrei! Und die unheimliche Gestalt ist wie vom Erdboden verschluckt. Eine Zeitlang lauscht Jan hinterher. Nichts Verdächtiges ist mehr zu hören. Dem Frechdachs hat er den rechten Weg gezeigt. Jan ist beruhigt. Was hindert ihn noch am wohlverdienten Schlaf? 

 Nicht viel später vermischen sich die schnarchenden Atemzüge der beiden Fuhrleute mit dem Knistern in Stroh und Gebälk. Als Klaas und Jan aufschrecken, steht ringsum alles in hellen Flammen. Schon ist es zu spät, den Wagen aus dem Schuppen zu ziehen. Es gelingt ihnen gerade noch, die Pferde aus dem Stall zu retten. 

 Vor der Raststätte hat sich inzwischen eine Menge Leute angesammelt. 

 Sie ist machtlos gegen das wütende Element. Von Mund zu Mund eilt die Kunde: "Es muss dieselbe Bande gewesen sein, die auch vor zwei Jahren den ,Roten Hahn' hier aufs Dach gesetzt hat!" 

Das leuchtende Fanal mit seinem schaurig-schönen Schein ist weit im Umkreis zu sehen. Selbst die Koblenzer hat es auf die Gassen gelockt. Entsetzt ruft einer dem anderen zu: "Das kann nur auf dem ,Roten Hahn' sein!" Und sie meinen damit das traute Dörflein, das sich mit einem Kranz von Obstbäumen an einen Hügelzug des Westerwaldes anschmiegt. 

Als Jan und Klaas am nächsten Morgen mit ihren Pferden gen Koblenz reiten, fleht sie eine Stimme hinter einem Busch an der "Kniebrech" um Hilfe an. Der arme Mensch ist böse zugerichtet. Dick geschwollen zieht sich ein Striemen über den auffallend kahlen Kopf. Da entsinnt sich Jan des Schlages mit dem Peitschenstiel. Es fällt nicht schwer, den Stöhnenden in der nahen Burg Mühlbach abzuliefern. 

 Herr Johann von Mühlenbach nimmt den Landstreicher gehörig ins Gebet und hat bald die Namen der Bande erfahren und diese selbst dingfest gemacht. Als Herr der Herrschaft Arenberg-Immendorf verurteilt er den Anführer zum Tode durch den Strang.  

 Heute noch trägt das Wirtshaus an der ehemaligen Zollstation als Wahrzeichen Arenbergs an dem Giebel der Hausfront einen mächtigen roten Hahn. 


Kirche


Johann Baptist Kraus, Beschreibung der heiligen Orte zu Arenberg, Coblenz 1885

 

 Wachsmodell der Kirche

 

 

Der Jünger der Liebe hörte einst eine starke Stimme vom Thron Gottes, die da sprach: „Siehe die Hütte Gottes bei den Menschen.“(Offenbarung 21, 3)

Auch auf Arenbergs Gotteshaus beziehen sich diese Worte.

Es ist in Wahrheit ein Haus Gottes, denn Gott hat es gebaut. 

Von Wachs, am Altar schon gebraucht und Gott geheiligt, wurde das Modell dazu gemacht: wie der Herr zu seinem ersten Tempel den Plan dem König David gegeben (Paral. 28, 10 /Exodus), so gab er ihn auch diesem: das Wachsfügte sich nach Gottes heiligem Willen und die in solcher Verrichtung gänzlich ungeübten Finger bildeten, wie durch göttliche Kraft bewegt, Gestalt und Formen, gleichwie die Bienen ihre Zellen.

Es wählte hierzu der Herr einer seiner Diener (Pfarrer Kraus, Red), der ein in dieser Weise errichtetes Gebäude noch nie gesehen, noch je davon gehört hatte, der von ihm sich leiten ließ, wie ein unwissender Lehrling vom Meister, hierin sich gebrauchen ließ wie das Werkzeug vom Arbeiter.   

Der die Welten erschaffen, der schuf auch aernbergs Tempel: mag er auch jene Schöpfung durch seinen innigstgeliebten Sohn vollführt zum Bau der hiesigen Kirche aber den geringsten der Söhne Adams gewählt haben, so bleibt diese immer sein Werk und als solches erscheint es erhabener als die größten Menschenwerke: Was war das Gartenschloss des Kaisers Nero, dessen Dach selbst in Goldplatten bestand? Was war der Palast des Königs Achab, dessen Wände mit Elfenbein belegt waren? Wäre dieser Tempel ein Werk der Eitelkeit, wie jene Gebäude es gewesen sind, wie diese nicht Bestand hatten sondern in Ruinen zusammenstürzten, würde auch dieses Haus nicht fortdauern.

Hat nicht auch Gott den Unwissenden und geringen zur Gründung seines erhabenen Reiches auf Erden gewählt (Matthäus 11, 25), kund zu tun, dass er selbst der Gründer sei?

Gnadenkapelle


Arenberg genannt „Roter Hahn“, als Festschrift zur Einweihung des Erweiterungsbaues der kath. Volksschule Arenberg, Augst 1965,

Seite 24

 

Aloys Hütten

Legende von der Arenberger Gnadenkapelle

 

 Als auf dem "Roten Hahn" die Anlagen mit ihren vielen Grotten und Kapellen erbaut wurden, arbeiteten fast alle Pfarr an gehörige aus Arenberg und Immendorf daran mit. Zur gleichen Zeit lag in Immendorf Frau Sauer schwer krank darnieder. Der Arzt konnte ihr nicht mehr helfen. Sie fühlte, daß sie bald sterben müsse. In ihrer Todesnot versprach sie, eine Kapelle zu Ehren der Mutter Gottes bauen zu lassen, wenn sie durch ihre Hilfe wieder gesund würde. 

Dieses inständige Gebet wurde erhört, und die Kranke genas wirklich von ihrem schweren Leiden. Aber als sie dem Leben wiedergegeben war, vergaß sie ihr Versprechen. Einige Jahre später starb sie dann eines plötzlichen Todes. Sie wurde auf dem Arenberger Friedhof zur letzten Ruhe bestattet. Weil die Frau ihr Gelübde nicht gehalten hatte, fand sie keine Ruhe im Grabe. 

Da besuchten Immendorfer Leute einmal den Friedhof in den dunklen Abendstunden. Plötzlich sahen sie über dem Grab der Toten ein fahles Licht leuchten. Eine weiße Gestalt bewegte sich wie ein Gespenst. Dann hörten sie eine klagende Stimme, dumpf und hohl, wie aus einer tiefen Gruft. Die Stimme rief immer wieder: "Gnadenkapelle! - Gnadenkapelle!" Danach versd1wand die Erscheinung. Am nächsten Abend aber kam sie wieder und am dritten Abend sogar noch einmal. Die Leute gingen zu ihrem Pfarrer Kraus nach Arenberg und erzählten ihm, was sie gesehen und gehört hatten. Dieser forschte nach und erfuhr von dem Versprechen, das Frau Sauer auf dem Krankenbett gegeben, aber später nicht gehalten hatte. Nun säumte er nicht mehr lange und ließ die Gnadenkapelle erbauen. Sie wird auch Erlösungskapelle genannt. Im Jahre 1852 wurde sie vom Trierer Bischof geweiht. Seitdem bildet sie den schönsten und wertvollsten Teil der Arenberger Anlagen.

 

Prälat Dr. Gladel sagt 1952 zu diesem Geschehen in seiner Schrift "Was halten Sie von Arenberg?": 

"Für Pfarrer Kraus, der die christliche Mystik schätzte, war es nichts Besonderes, als ein mystisches Geschehen ihn zum Bau einer Gnadenkapelle aufforderte. 

Eine Kranke verlangt in letzter Stunde noch einmal nach ihm. Aber er kommt zu spät. Später hört er von einem Gelübde und auch von Stimmen auf dem Friedhof. Er prüft dies und nimmt alles sehr ernst. Er hält sich verpflichtet, mitzuhelfen, daß das Gelübde eingelöst wird. - Wir mögen heute darüber denken, wie wir wollen, aber dies war der Anstoß für den Bau der Erlösungskapelle.