Erklärendes zu den Kirchenfenstern


Wernerkapelle in Bacharach 


Fenster: Werner von Bacharach

Werner stammte aus armen Verhältnissen und war bei einer jüdischen Familie als Tagelöhner in Dienst. Am Gründonnerstag 1287 wurde die Leiche des 16-Jährigen in der Nähe von Bacharach aufgefunden. Von interessierter Seite gestreute Ritualmordgerüchte fanden Aufnahme bei Menschen, die von zeittypischen antisemitischen christlichen Vorurteilen gesteuert wurden. 

Nach der Ritualmordlegende soll er gemeinschaftlich von Juden ermordet worden sein, die sein Blut rituell für das jüdische Pessach-Fest verwendet hätten.

Auf den angeblichen jüdischen Mord folgte eine Pogromwellenicht nur in mittelrheinischen Orten. Sie verbreitete sich auch an der Mosel und im niederrheinischen Raum. 

Die jüdischen Gemeinden wandten sich an König Rudolf I., der von der Grundlosigkeit der Beschuldigungen überzeugt war. Er befahl, die Leiche Werners zu verbrennen, um einer weiteren Verehrung vorzubeugen. 

Das fruchtete jedoch nicht. 1289 wurde bereits die Errichtung einer „Werner Kapelle“ in Oberwesel begonnen, weil man damit Wallfahrten (finanzielle Vorteile) starten wollte. 

Mit seinem Namen bleiben christliche Pogromeantisemitische Hetze und Propaganda verbunden.

Erst 1963 strich das zuständige Bistum Trier den Namen Werners 1963 aus dem Heiligenverzeichnis.


Die "unvollendete Legende" Heinrich Heines, "Der Rabbi von Bacharach" greift dieses Geschehen auf.

(antiquarisch erhältlich)

Heutiges Fenster               Entwurf J.P. Molitor


Fenster: Hildegard von Bingen

Mechthild Neis schreibt dazu:

In diesem Kirchenfenster stellt der Künstler Hildegard von Bingen dar. Sie wurde zu Lebzeiten als Volksheilige verehrt. Auf diesem Kirchenfenster auch mit Heiligenschein dargestellt, vom Hl. Geist in Form einer Taube berührt erhält sie göttliche Visionen, durch die sie beauftragt wurde, aufzuschreiben, was sie hört und sieht. Am Fuße der Gebetsbank steht ein Tintenfass mit einer Feder, die als Zeichen ihrer Berufung zum Schreiben im göttlichen Auftrag ( wie eine Feder im Windhauch Gottes ) gilt. Mit 36 Jahren wurde sie von ihren Mitschwestern zur Äbtissin gewählt, worauf der von einem Engel gehaltenen Äbtissinnen Stab, hinweist. Die Abbildung eines Klosters spricht für die Berufung 1150 zur Klostergründung in Bingen. 

Zur Zeit Hildegards herrschte Kaiser Friedrich I. ( König Rotbart, Kaiser Barbarossa ) dem sie aus Liebe zur Kirche mahnend entgegen trat, und Einhalt gebot einen Gegenpapst aufzustellen, der das Kirchenvolk untereinander trennte. Das erkennen wir auf dem Kirchenfenster im oberen Drittel. Die begnadete Gottesdienerin konnte nur dann ein gesundes Leben führen, wenn sie Gottes Auftrag gerecht wurde. 

Neben der schriftlichen Hinterlassenschaft naturheilkundlicher und theologischer Schriften bezeugt ihr Leben den Einklang von Körper Seele und Geist und bildet eine Brücke zwischen der Tradition und der Moderne. 


Entwurfsskizzen

von J.P. Monitor

Von P.J. Monitor sind noch die Vorzeichnungen zu den Fenstern über den Beichtstühlen erhalten.


C. Theis schreibt zu den Stiftern der Fenster: 

Schon in den Jahren 1862 - 1864 gelingt es dem Bauherrn, Stifter für die Kirchenfenster zu finden. 

Die 15 Rundfenster hoch oben im Mittelschiff stifteten:

Michel und Klara Eiden, Peter und Melchior Nell, Pfarrer Josef Ufer / Großmaischeid, Frau Sophia von Schmitz-Grallenburg, die 

Jünglinge von Immendorf, Peter Philipp und Theresia Breitbach, Dr. Franz und Marg. von Soist, die Immendorfer Männer, Engelbert und Gertrud Nachtsheim, Wwe. Rosenbaum aus Moselweiß, die Frauen und Jungfrauen von Arenberg, Thomas und Theresia Douque aus Neuendorf;


Der Verlorene Sohn

gestiftet von

Dr. Frank und Frau aus Koblenz. 

Zeichnung: Peter Molitor. 


Jesus, der gute Hirt

gestiftet von

Ehrenbreitsteiner Glasermeister Fritz Geisler selbst gestiftet.

Zeichnung: Peter Molitor. 




Werner hängt hier nicht mehr

                © Benno Schirrmeister, taz 11.02.2023

Die Mutter-Rosa-Kapelle in Oberwesel am Mittelrhein hieß bis vor 15 Jahren „Wernerkapelle“. Ihr Altarbild zeigte einen Schutzpatron der Judenverfolgung

So, jetzt die Türe aufdrücken, eintreten, drinnen ganz automatisch den Blick nach Osten und – nanu? Aber das Altarbild war doch …? Erstaunen ist oft ein Zeichen mangelhafter Vorbereitung.

So auch hier. In der Kindheit waren infolge elterlichen Bildungsfleißes weiß Gott sämtliche Burgen und gotischen Sakralbauten des oberen Mittelrheins abgeklappert worden. Und selbstverständlich hatte auch der hier zum Programm gehört, in Oberwesel, dessen Bau so eigentümlich auf die Stadtmauer aufgesetzt ist. Das Gefühl, auf dem Torweg unter diesem hochaufragenden Bau hindurchzuhuschen, war damals unheimlich gewesen.

Auch heute beschleunigt diese ganze lastende Schwere überm Kopf noch immer die Schritte, ganz unwillkürlich. Die Treppe an der Innenseite der Mauer, von der aus ein Eingang der Kirche erreicht wird, ist immer noch schief, krumm und ausgetreten. Von oben, auf dem Wehrgang, geht der Blick über die B 9 auf den grünlich-braunen Rhein, auf dem dicht an dicht diese typischen langen Frachter vorbeiziehen, die so merkwürdig flach gedrückt aussehen. Viel los auf dem Fluss.

     Wie Weihrauch in der Kirche

Dessen seltsamer Geruch – ein Mix aus kaltem Männerschweiß, einem Hauch von Fisch plus Waldboden – hängt auch bei kühler Witterung in der Luft, so wie Reste von Weihrauch in der Kirche. Die ist schon im 17. Jahrhundert zur Kapelle downgegradet worden, nachdem die Truppen von Louis XIV sie zu Klump geschossen hatten. Der Innenraum war nur schwammig im Gedächtnis geblieben, Spitzbögen halt, wenig eindrucksvoll. Und ein toll goldschnörkeliger Hochaltar (barock).

Es ist halt wirklich schon länger her! Aber sich der Erinnerung zu überlassen, im Gefühl, das sich nichts geändert haben würde, verhilft zu Überraschungen: Das jetzige Altarbild, eine Frau in schwarzer Franziskanerinnentracht, die, betende Hände, die Augen gen Himmel richtet, ist nicht mehr das alte.

Jenes zeigte eine rot gewandete androgyne Person, die in die Höhe schaut. Umkränzt von einer roséfarbenen Schäfchenwolken-Mandorla schwebte diese Gestalt barfuß im Himmel über den vielen, vielen Türmen Oberwesels und dem Rhein, in der rechten Hand einen Abendmahlskelch, in der linken einen Palmwedel. Puh.

Wirklich hässlich war der Zweck dieses Gnadenbildes: die Anstachelung zum Judenhass. Denn bei der Person auf dem Gemälde hatte es sich um den Knaben Werner gehandelt, den Protagonisten der vielleicht wirksamsten deutschen Ritualmordlegende. Hier, Oberwesel, das war der Ort des Kults. Hier, diese Kapelle, war von 1728 an und bis vor 52 Jahren Ausgangs- und Endpunkt der schaurigen Werner-Prozessionen, jeweils an seinem Festtag, dem 19., manchmal auch am 20. April.

Und die dienten nicht dazu, seiner zu gedenken – der Jüngling war 1287 zweifellos Opfer eines Verbrechens geworden, getötet und weggeworfen –, sondern um eigene Verbrechen zu befeuern und durch den schönen Schein des heiligen Zorns zu veredeln.

Der Vorgang hat Züge eines Komplotts. Mindestens sind Menschen am Werk gewesen, die wussten, wie sich christliche Ikonografie und örtliches Brauchtum im Kampf gegen Juden verbinden lassen. Denn gleich nach dem Auffinden seines Leichnams war schon die Bezichtigung in die Welt gekommen, diese hätten den Jugendlichen in einem Haus an der Stadtmauer kopfüber an einer Säule aufgehängt und gleichsam gekeltert. Also brachten die Oberweseler wohl erst einmal die Familie um, in deren Weinkeller der Junge als Aushilfe beschäftigt gewesen sein soll.

Schutzheiliger der Winzer

Noch im selben Jahr rächen ­Pogrome in Cochem, Kobern, Münstermaifeld, Trarbach, ­Sinzig, Rödingen, Siegburg, Lahnstein, Bonn und Kempen den „guten Werner“. Und obwohl nie kanonisiert, hat sich seine Verehrung gehalten, ist tief in die regionale Identität einmassiert worden. Man hat ihn als Schutzheiligen der Winzer verehrt, bis vor 60 Jahren, im Bistum Trier, wo doch am Weine alles hängt.

      Die Besonderheit

Die Mutter-Rosa-Kapelle, im 18. Jahrhundert rekonstruierter Chor einer mehrschiffigen gotischen Kirche, war über Jahrhunderte Zentrum des antisemitischen Kults um den Scheinheiligen Werner, der Ableger in mehreren Weinbaugebieten Europas hat, vor allem in Burgund. Der Sakralbau ist durch Strebepfeiler seiner östlichen Außenwand mit der Westseite der hier rund 8,50 Meter hohen Stadtmauer Oberwesels verbunden.

     Hindernisse auf dem Weg

Oberwesel bildet mit 47 weiteren Städten und Dörfern zwischen Bingen und Koblenz das Welterbe Oberes Mittelrheintal, hat mit 2,6 erhaltenen Kilometern eine der längsten Stadtmauern Europas, auch Victor Hugo fand sie toll. So viel Glanz und Schönheit über­decken leicht das Böse, den Hass und die Verbrechen.

Und jetzt: finito. Weg damit! Vor 15 Jahren die Umbenennung der Kapelle nach der selig gesprochenen Ordensgründerin Mutter Rosa, über die sich beim besten Willen nichts Böses sagen lässt. Vor zehn Jahren Austausch des Altarbildes. Es war der letzte Akt eines langen, mehr als zähen Prozesses, begonnen auf Bitten des Zentralrats der Juden.

Eigentlich müsste die Kapelle ein Mahnmal sein: Fast zu rückstandslos beseitigt sind die Spuren des blutigen ­Antisemitismus, obwohl das hier doch alles Welterbestatus hat. 

Aber immerhin, die Wegweiser im Ort bewahren noch heute in Klammern hinter dem neuen auch den alten Namen. Wie eine Drohung, die jederzeit wieder ins Leben ­treten kann.


Fenster: Kunigunde von Luxemburg

- Stadtgeschichte -

 Im Jahr 1018 schenkte Heinrich II., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, dem Trierer Erzbischof Poppo von Babenberg (reg. 1016-1047) den Königshof in Koblenz samt den zugehörigen Rechten an Markt, Münze und Zoll. Damit begann die Herrschaft der Trierer Kurfürsten über die Stadt, die bis zum Einmarsch des französischen Revolulionsheeres 1794 dauerte. 

Aus Anlass des 1000-lährigen Jubiläums dieser Schenkung wird in Zusammenarbeit mit dem Landeshauptarchiv Koblenz, dem Stadtarchiv Koblenz, der Bibliothek des Priesterseminars Trier, der Deutschen Stiftung Denkmalschutz sowie der Landesarchäologre GDKE Rheinland-Pfalz, im Kabinett des Mittelrhein-Museums die originale Schenkungsurkunde sowie Münzen und Faksimiles der damaligen Zeit in einer kleinen Präsentation ausgestellt und in den historischen Zusammenhang gesetzt.  

Ende des Jahres 1018 schenkte Kaiser Heinrich II. dem Trierer Erzbischof Poppo den Königshof in Koblenz. Wer war der Kaiser, der das Bistum Bamberg gründete und später mit seiner Frau Kunigunde als Heiliger verehrt wurde? Wer war Poppo von Babenberg, der mit Waffengewalt den Bischofsthron eroberte, der mit dem hl. Simon ins Heilige Land reiste, der für diesen die Porta Nigra zu einer Wallfahrtskirche umbaute und auf den die Westfassade des Trierer Domes zurückgeht? Warum verschenkte er den Königshof und wie muss man sich Koblenz um das Jahr 1000 vorstellen? Wie wäre die Geschichte von Koblenz verlaufen, wenn die Stadt nicht an das Kurfürstentum Trier gefallen wäre?